Am vorletzten Tag der Olympischen Spiele in Paris hat eine junge Frau eine Goldmedaille gewonnen. Yemisi Ogunleye – im Kugelstoßen. Und im Interview hinterher sprach die strahlende Siegerin von ihrer Dankbarkeit. Sie sei Gott dankbar, der ihr die Ruhe gegeben hat und die Kraft für diesen Sieg und das großartige Trainerteam, das ihr immer wieder Mut gemacht hat. Yemisi Ogunleye gehört zu einer charismatisch orientierten Gemeinde in Karlsruhe. Dort singt sie auch im Chor. In der Pressekonferenz in Paris hat man sie danach gefragt und sie hat ungeniert vor all den Reportern gesungen „God’s mercy kept me, so I wouldn’t let go“ – Gottes Gnade hielt mich fest, damit ich nicht verlorengehe …
Manche finden das ja peinlich, wenn jemand so offen über seinen Glauben redet. Mir scheint manchmal, man kann heute eher öffentlich über Sex reden als über seinen persönlichen Glauben. Aber Yemisi Ogunleyes Beispiel zeigt: Alle, die über sie berichtet haben, waren sehr beeindruckt und haben ihr Glaubenszeugnis mit großem Respekt angehört. Immer wieder wurde gesendet, was sie gesagt hat. Hunderttausende werden es gehört haben. Manche fanden ihr Glaubenszeugnis unbedacht und unaufgeklärt. „Wie kann man so naiv glauben, wenn doch überall auf der Welt Gewalt und Krieg Menschenleben zerstören. Was ist das denn für ein Gott, der dieser einen beisteht und so viele umkommen lässt?“ Das habe ich mit Bezug auf die Olympiasiegerin öfter gehört. Aber ich frage mich: Kann man denn Gott in die Schuhe schieben, was Menschen einander antun? Unsere Erde ist nicht das Paradies. Leider.
Yemisi Ogunleye ist nicht naiv. „Gott liebt mich“, sagt sie. „Nicht wegen der Medaille. Wenn ich nicht gewinne, dann liebt er mich auch. Ich bin gut so, wie ich bin“. Dieses Vertrauen gibt ihr Selbstbewusstsein und die Ruhe, die sie braucht. So kann man verlieren, ohne zu verzweifeln – aber auch gewinnen. Wie schön wäre es, wenn wir – Sie und ich – auch so selbstverständlich und ermutigend von unserem Glauben reden würden.