Impuls

Beim Vater sein

Impuls für den 3. Sonntag nach Trinitatis, Lukas 15,1-3 und 11-32.

Lukas 15,1-3.11-32 (in Auszügen)

Mein Sohn, du bist allezeit bei mir und alles, was mein ist, das ist dein. Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.

Foto: Markus Sontheimer
Der promovierte Theologe Tobias Kaiser ist Pfarrer in Geislingen-Altenstadt.

Mit diesen Worten endet das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Zwei Wege stellt Jesus uns vor und zwei unterschiedliche Menschen. Der ältere Sohn, der beim Vater bleibt, Leben und Arbeit mit ihm teilt, ein pflichtbewusster, fleißiger, fürsorglicher Mensch. Der jüngere ist anders, will hinaus, sucht Freiheit, Herausforderungen und Chancen, lässt das Vertraute zurück und scheitert grandios. Tragisch, aber irgendwie scheint es nicht ungerecht.

Vertrauen und Güter des Vaters vertan, die sozialen Bindungen gekappt, nichts Neues aufgebaut, nichts, was jetzt trägt und Halt gibt. Nun ist er ganz unten. Viehisch schon und nicht mehr menschlich wird seine Existenz beschrieben. So fällt ihm der Vater wieder ein, der elterliche Hof, die Heimat, und er macht sich auf den Weg. Das Gewissen plagt ihn und das Wissen, versagt zu haben. Werden wie früher kann es nicht wieder. Sie müssen neu anfangen miteinander. Dann geschieht das Wunder: kein scheeler Blick, kein Vorwurf, kein böses Wort. Eine Umarmung, Geschenke, ein Fest. Der Vater ist froh, den Sohn wieder bei sich zu haben, und zeigt das deutlich.

Das ist der tröstliche Gedanke an dieser Geschichte. Wichtig ist nur die Ankunft beim Vater, alles andere nicht. Dieser Vater ist eine großartige Figur, lässt die Söhne ihre Wege gehen, unterstützt sie sogar dabei. Kein Verbot, kein Rat, nur ein grenzenloses Zutrauen, dass es die Söhne schon richtig machen. Ist Gott so? Traut er uns Menschen zu, es schon richtig zu machen? Traut er uns zu, irgendwann und irgendwie, auf welchen Umwegen und mit welch langen Pausen, den Weg zu ihm zu finden? Weiß er, dass jede und jeder seinen eigenen Weg finden muss? Offensichtlich ja. Das macht Mut, Neues zu probieren, das nimmt die Angst, sich zu verirren, zu verzetteln. Irgendwann und irgendwie komme ich an. Eigentlich aber fühle ich mich dem älteren Bruder sehr viel näher, kenne die anderen auch, die so anders sind, ärgere mich ebenfalls über sie. Ihnen ergeht es ver-mutlich ähnlich und – ganz ehrlich – eigentlich ist das ungerecht, wie die Geschichte nun zu Ende geht.

Trotzig steht der ältere Bruder am Rand, und der Vater muss zu ihm kommen und ihm alles erklären, seine Liebe, sein Vertrauen und seine Freude. Vielleicht erkennt er nun seinen Irrtum. Hatte er sich dem Vater so eng verbunden gefühlt und ihn doch so wenig gekannt? Hatte er geglaubt, sich seine Liebe verdienen zu müssen? Hatte er dem Vater gar nicht vertraut, sondern in Wirklichkeit nur sich selbst? Hatte er in all den Jahren gar nicht bemerkt, wie schön und großartig es ist, bei diesem Vater zu sein? Wie gut es ist, sein Leben mit ihm zu teilen? Hatte er nur Arbeit und Leistung gesehen? Warum hat er sich nicht getraut zu feiern? Warum ist es ihm so schwergefallen, fröhlich zu sein? Täuschen wir uns manchmal so sehr an unserem Gott? Machen uns solche Trug-bilder von ihm? Misstrauen wir ihm so?

Jetzt ist der Ältere ganz unten. Erkennt wie vorher der Jüngere seine Selbsttäuschung, seine Irrwege. So unähnlich sind sie sich dann nicht, beide haben ihre Wege gesucht, beide sind in die Irre gegangen und haben den Vater nicht richtig erkannt. Jetzt lernen beide ihn neu kennen und können neu anfangen, mit sich, mit dem Vater und miteinander.

Gebet

Ewiger Gott, unterschiedlich sind wir Menschen, unterschiedlich die Wege. Gleich ist der Irrtum, unser Können, unsere Leistung zu überschätzen, dein Vertrauen und deine Liebe zu unterschätzen. Begleite uns auf den Wegen, schenke uns Einsicht und Vertrauen, Mut zur Umkehr, neue Anfänge mit dir und miteinander. Führe uns zu dir. Amen.

Den geistlichen Impuls für jeden Tag finden Sie im AndachtsCast.

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