„Ich wünsche Dir viel Kraft“, mit diesen Worten sprechen Menschen einander auch heute in schwierigen Situationen Mut zu. Ich wünsche dir die Kraft, durchzuhalten in Krankheit, bei einem Trauerfall oder in belastenden Situationen. Weil die eigenen Kraftquellen in solchen Momenten oft nicht ausreichen. Da ist es gut, wenn mich jemand begleitet, mir zur Seite tritt, fürbittend vor Gott an mich denkt. Genau dies tut der Predigttext.
Der Epheserbrief bittet für seine Gemeinde, dass sie diese Kraft von Gott geschenkt bekomme. Und er nennt auch gleich die Quelle, aus der diese Kraft fließen kann. Die Verbindung zu Christus und tätige Nächstenliebe. „Seid eingewurzelt in der Liebe“, lautet seine Fürbitte. Was für ein schönes Bild. So wie die Wurzeln die Pflanze ernähren und erhalten, ihr Lebenskraft schenken und guten Wuchs, so soll die Liebe Gottes und die Gemeinschaft der Christinnen und Christen untereinander zur Kraftquelle werden. Ja, Christenmenschen brauchen einander, brauchen den Trost des gemeinsamen Gotteslobs, das Miteinander in der Gemeinde, nicht nur hin und wieder, sondern regelmäßig. Sonst droht der Glaube zu verkümmern wie eine Pflanze ohne Wurzeln.
„Ich statuiere kein Christentum ohne Gemeinschaft“, so hat Nikolaus Ludwig Graf Zinzendorf es im 18. Jahrhundert ausgedrückt. Er ist der Gründer der Herrnhuter Brüdergemeine und „Erfinder“ der täglichen Losungen.
Zinzendorf wurde am 26. Mai 1700, also vor 325 Jahren geboren. Den Tag mit einem Bibelvers zu beginnen, ihn unter Gottes Wort zu stellen, damit lädt man Christus ein, im Herzen zu wohnen. Persönliche Frömmigkeit, ausgedrückt in Liedern, im Gebet, im Lesen der Bibel, und die Gemeinschaft der Christinnen und Christen untereinander waren ihm wichtig, beides gehörte für ihn zusammen. Unter des „Herrn Hut“ sollte die Gemeinschaft stehen. Mit dieser Haltung ist Zinzendorf bis heute Vorbild und Ansporn. Im Miteinander die ganze Tiefe und Weite von Gottes Herrlichkeit zu erforschen, einander beizustehen und sich zu ermutigen, das heißt auch, einander auszuhalten in aller Unterschiedlichkeit. Sich im Glauben, im Gesang und im Gebet an Gott zu wenden führt nicht zur Abwendung von der Welt, sondern sie führt zum Mitmenschen. Zu einer Herzensweite, die den Mitchristen, die Mitchristin als Geschenk Gottes sieht.
Denn einer allein kann niemals die ganze Höhe und Breite und Tiefe der göttlichen Wirklichkeit erfassen. Wie wohltuend ist es, wenn unsere Gemeinden Orte sind, an denen wir als Christinnen und Christen exemplarisch zeigen können, wie Einheit in Verschiedenheit gelebt werden kann, wie Unterschiede ausgehalten werden und einander inspirieren, um als Gemeinde miteinander die ganze Fülle Gottes zu erlangen. Was für Kraftorte sind solche Gemeinden für die Glaubenden. Sie haben Strahlkraft weit über den Kirchturm hinaus.