Gehöre ich dazu? Nicht nur Jugendliche werden von Selbstzweifeln umgetrieben. Diese Frage begleitet uns durch das ganze Leben. Tiefe Sehnsucht steckt dahinter: Anerkannt und wertgeschätzt zu werden, akzeptiert und integriert zu sein, Zusammenhalt und Gemeinschaft zu erleben.
Gehöre ich dazu? Das fragt sich die Neuzugezogene, die sich wohlfühlt am neuen Wohnort, sich einbringt ins Dorfleben, auf andere zugeht – und doch in so manchen Situationen spürt, dass die Dorfgemeinschaft ungeschriebene Regeln hat, Verhaltensmuster und Sprachformen, die sie noch nicht beherrscht.
Gehöre ich dazu? Diese Frage stellt sich Studierenden, die nach dem Abschluss ihres Studiums Eingang in akademische Kreise finden. Die dortige Wortwahl ist den Neuhinzugekommenen nicht fremd, aber die Lässigkeit und Selbstverständlichkeit, mit der sie platziert wird, und vor allem der selbstbewusste Habitus der Bildungsdynastien lassen manche mit dem neuen Milieu fremdeln.
Ihr gehört dazu! So lautet das Evangelium unseres -Bibeltextes. Es richtet sich im ausgehenden ersten Jahrhundert an Heidenchristen. Sie waren die „Neigschmeckten“ in der Urgemeinde, die zu Beginn ausschließlich aus Judenchristen bestand. Wie also umgehen mit denen, die ursprünglich nicht zum Judentum zählten, sondern von Geburt Heiden waren? Durch die Predigt des Heidenapostels Paulus und seiner Schüler waren sie zum Glauben an Jesus Christus gekommen. Sollten sie jetzt noch beschnitten und ins Judentum aufgenommen werden? „Nein!“, lautete die klare Entscheidung des Apostelkonzils in Jerusalem.
Ihr gehört dazu! Nicht, indem ihr so werdet wie die Judenchristen, sondern indem etwas Neues entsteht. Das Fremdsein wird nicht dadurch aufgehoben, dass Heiden zu Juden werden, sondern dadurch, dass Juden- und Heidenchristen durch Jesu Hingabe am Kreuz einen neuen, gemeinsamen Zugang zum himmlischen Vater haben – in der neu entstandenen Kirche, die auf dem Fundament der Apostel und Propheten errichtet wird. Wie der Eckstein Jesus Christus schon zu Lebzeiten die verschiedensten Milieus um sich versammelte, so wächst nun auch die Kirche zum heiligen Tempel heran. Siehe, Neues ist geworden!
Ihr gehört dazu! Das wollen wir unseren Jugendlichen signalisieren, die in den vergangenen Wochen Konfirmation gefeiert haben. Auch den Tauffamilien und Brautpaaren, den Neuzugezogenen und Neuhinzugekommenen: Ihr seid in unserer Kirchengemeinde herzlich willkommen und wir sind willens und bereit, gemeinsam mit euch etwas Neues entstehen zu lassen, in dem ihr euch wiederfindet und einbringen könnt.
Gleiches gilt hoffentlich auch für die Transformationsprozesse in unserer Landeskirche. Zahlreiche Gemeinden, Pfarrämter, Kirchenbezirke, Bezirksjugendwerke und Diakonieverbände fusionieren derzeit. Diese Zusammenschlüsse werden nicht durch Übernahme, Assimilation oder Imitation gelingen, sondern dann eine verheißungsvolle Zukunft haben, wenn bei der Fusion Neues entsteht. Eine gemeinsame Identität, in der sich niemand als Gast oder Fremdling fühlt, sondern als Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenosse akzeptiert und wertgeschätzt wird.