Impuls

Der Preis der Freiheit

Impuls für den Sonntag Reminiszere: 1. Mose 21,4-9

4. Mose 21,4-9

Da kamen sie zu Mose und sprachen: Wir haben gesündigt, dass wir wider den Herrn und wider dich geredet haben. Bitte den Herrn, dass er die Schlangen von uns nehme. Und Mose bat für das Volk. Da sprach der Herr zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben. Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne Schlange an und blieb leben.

Foto: privat
Die promovierte Theologin ­Kirsten Huxel ist Pfarrerin in Satteldorf und Professorin für Systematische Theologie in Tübingen.

Die Erzählung vom Auszug aus Ägypten ist eine der wirkmächtigsten und symbolträchtigsten Erzählungen der Menschheit. Sie handelt von der Befreiung Israels aus der Sklaverei und dem gefahrvollen Weg ins gelobte Land. Gefahrvoll ist dieser Weg, weil er sowohl äußerlich als auch innerlich bedroht ist. Israel muss sich gegen Feinde zur Wehr setzen und ist widrigsten Lebensbedingungen ausgesetzt. Es fehlt immer wieder am Nötigsten, Wasser und Essen. Auf seinem Weg in die Freiheit muss Israel buchstäblich durch die Wüste gehen.

Die Mentalität im Volk hält den Zumutungen und Plagen nicht stand, die Stimmung droht zu kippen. Darin liegt die innere Bedrohung: dass das Volk seine Zuversicht verliert und vom Glauben abfällt. Mindestens zehnmal wird vom Murren der Israeliten gegen Gott berichtet. Immer wieder kommen sie zu Mose, um ihre Unzufriedenheit kundzutun. Das ein ums andere Mal kann Mose ihre Klage vor Gott bringen und Hilfe erwirken. Doch das Volk vergisst seine Heilserfahrung bald wieder und lehnt sich erneut auf.

Mose als Anführer wird selbst zur Zielscheibe der Volkswut. Ihr Undank reizt Gottes Zorn, der sein Volk ein ums andere Mal bestraft, um es wieder zur Vernunft zu bringen. In unserer Szene sind die Israeliten des ständigen Mannas leid und fordern üppigere Speise. Doch Gott schickt statt Wachteln giftige Schlangen. Angesichts der Lebensgefahr sieht das Volk seine Sünde ein. Da erbarmt sich Gott und stiftet ein Heilmittel: Mose soll das Bild einer Schlange aus Kupfererz aufrichten, das jeden Gebissenen am Leben erhält, der es anblickt.

In der christlichen Tradition wird die eherne Schlange später als Vorausdeutung des am Kreuz erhöhten Christus verstanden. Schlange und Kreuz zum Heilszeichen verbunden bilden ein beliebtes Motiv christlicher Kunst. Diese Deutung wird durch ein Jesuwort in Johannes 3,14-15 nahegelegt: „Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ Innerhalb der typologischen Deutung symbolisiert der giftige Schlangenbiss die todbringende Sünde, die durch Christi Selbsthingabe am Kreuz überwunden ist. Im Blick auf das Kreuz darf sich der Mensch seiner Rettung gewiss sein.

Die Exodusgeschichte zeigt, wie bedroht die Freiheit des Menschen ist. Bedroht nicht nur durch äußere Widrigkeiten, sondern auch durch innere Widerstände: Kleinglaube, Ungeduld, Unzufriedenheit. Allzu schnell ist der Mensch bereit, alte Abhängigkeitsverhältnisse wieder herbeizusehnen, wenn er merkt, dass auch die Freiheit ihren Preis hat. Dass die Gnade jedoch nicht billig zu haben, sondern teuer ist, weil sie in die Nachfolge ruft, hat Dietrich Bonhoeffer betont. Nachfolge schließt für ihn Widerstand und Ergebung ein: Ergebung in Gottes Willen und Widerstand gegen eine faschistische Partei. Sein Erbe sollte uns heute teuer sein.

Gebet

Herr, lass uns den Weg der Freiheit im Blick auf das Kreuz gehen. Mach uns gewiss, dass du allein Macht hast über Sünde und Tod. Auf deine Hilfe trauen wir, wenn wir mutlos werden. Herr, erbarme dich unser! Amen

Den geistlichen Impuls für jeden Tag finden Sie im AndachtsCast.

Weitere Impulse