Zum Osterfest haben wir ein eigenartiges Verhältnis. Denn die Botschaft von der Auferstehung deckt sich nicht mit unseren Erfahrungen. Dass ein Mensch geboren wird in Armut und Not wie Jesus an Weihnachten oder dass Menschen ohne Schuld grauenhaft leiden und sterben wie Jesus an Karfreitag, das gehört zum Alltag in unserer Welt. Es tröstet uns, dass Gott in Jesus das auch erlebt hat, was Menschen erleben müssen. Aber dass ein Mensch vom Tod auferweckt wird, das gab es vorher und nachher nicht, das wird uns nur über diesen Jesus aus Nazareth erzählt. Schon unter den -ersten Christen gab es deshalb einige, die nicht an die Auferstehung Jesu glaubten, weil die Auferstehung von Toten einfach nicht möglich sei.
Paulus sagt in diesem Kapitel zunächst ganz deutlich: Der Glaube an die Auferweckung Jesu von den Toten ist unverzichtbarer Kern des christlichen Glaubens. Wenn wir nicht an die Auferstehung glauben, wird unser Glaube sinnlos, zumal uns allen ja die Auferstehung verheißen ist. Manche Leserin oder mancher Leser wird sich an -dieser Stelle vielleicht denken: „Wenn es darauf ankommt, dass ich an die Auferstehung von den Toten glaube, bin ich ganz bei den Zweiflern in Korinth. Denn Auferstehung von den Toten gibt’s einfach nicht! Das haben spätestens die modernen Naturwissenschaften bewiesen.“
Paulus aber versucht im Weiteren, andere Dimensionen zu eröffnen, was Auferstehung eigentlich meint. Auf einmal wird klar: Es geht nicht darum zu glauben, dass tote Körper wieder aufstehen. Ja, es gibt diese Erzählungen von Totenauferweckungen, die auf den ersten Blick einem solchen Verständnis verhaftet zu sein scheinen, etwa die Geschichte von der Auferweckung des Lazarus. Aber für Paulus ist Auferstehung etwas völlig anderes. Er spricht vom verweslichen und vom unverweslichen Leib. Ob das ein hilfreiches Bild ist, sei dahingestellt. Letztendlich geht es darum, dass dem Tod die Macht genommen wird. Wodurch? Indem wir ganz und gar ausgerichtet werden hin auf Gott. Alles, was unser Menschsein so leidvoll und schwer macht wird dadurch von uns genommen: Paulus nennt es Sünde, in letzter Konsequenz ist es die Angst vor dem Tod. Und darum ist es Paulus so wichtig, an der Erfahrung der Jünger festzuhalten, dass Jesus nicht im Tod geblieben ist.
Das ist das Entscheidende an Ostern: der Glaube, dass der Weg und die Worte Jesu – vom Ufer des Sees Genezareth bis hin zum Tod am Kreuz auf Golgatha – Gottes Weg und Gottes Worte waren, durch die zuletzt die Macht des Todes überwunden wird. Das ist Auferstehungsglaube. Wir brauchen uns nicht aufzuhalten an Fragen, ob und wie Auferstehung möglich ist. Wenn die Osterbotschaft in uns das auslöst, was sie bei den Frauen am Ostermorgen und dann auch bei den Jüngern auslöste, nämlich Befreiung, Hoffnung, Freude, neuen Mut, Kraft zur Liebe und Solidarität, dann wird sie auch für uns zu einer Wirklichkeit, durch die der Tod seine Macht über uns verliert. Das wird in unserem Leben immer nur bruchstückhaft gelingen. Die Auferstehung, Sieg über den Tod, ist uns verheißen, aber sie ist noch nicht die ungebrochene Wirklichkeit. Doch wir gehen darauf zu – und Ostern ist der Grund unserer Hoffnung.