Jesus hat immer wieder Wunder vollbracht, Zeichen der Gegenwart Gottes, seines Handelns und des anbrechenden Reiches Gottes. Eines ist die Heilung einer gekrümmten Frau. Der 12. Sonntag nach Trinitatis steht unter dem Leitwort: „Heil werden“. Dazu passt die Erzählung sehr gut. Zunächst wird die Heilung beschrieben und dann die Reaktion darauf. Sie findet sich nur im Lukasevangelium. Eine Frau steht hier im Mittelpunkt. Es wurde viel darüber spekuliert, um welche Krankheit es sich konkret handelt. Die Frau kommt gebückt daher, den Blick gesenkt und eingeschränkt. Es ist nicht nur schmerzhaft, damit zu leben, sondern auch seelisch belastend. Menschen ihres Umfelds begegnen ihr nicht auf Augenhöhe, legen sie auf ihre Beeinträchtigung fest, schauen bewusst weg oder neugierig hin und sind froh, nicht in ihrer Lage zu sein.
Jesus wendet sich ihr zu, richtet sie auf, weitet ihren Blick und schenkt ihr umfassende Befreiung. Diese Heilung sorgt beim Synagogenvorsteher für Empörung. Er will die Regeln einhalten. Auf die Heilung folgt Protest. Die Verärgerung wird nicht durch die Heilung hervorgerufen, sondern weil sie am Sabbat geschieht.
Das erinnert an die Heilung eines Mannes mit einer verdorrten Hand am Sabbat (Lukas 6,6-11). Hier lauern die Schriftgelehrten und Pharisäer Jesus auf und wollen einen Grund finden, ihn zu verklagen. Jesus nimmt dies jedoch wahr und fragt sie: „Ist’s erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun oder Böses, Leben zu erhalten oder zu vernichten?" Immer wieder gibt Jesus der Tora ihre eigentliche Intention zurück. Er bringt Menschen durch seine Worte und Handlungen zum Nach- beziehungsweise Umdenken und korrigiert dabei so manche Sichtweise. Er setzt die Prioritäten richtig, rückt sie zurecht und zeigt, worauf es wirklich ankommt: Der Sabbat ist für den Menschen da und nicht umgekehrt. So lesen wir es in der Erzählung vom Ährenraufen am Sabbat (Lukas 6,1-5). Alle Regeln dazu können hinterfragt werden, wenn die Not es gebietet.
Auffallend ist die Reaktion auf die Worte Jesu. Sowohl in der Erzählung über die Heilung der verkrümmten Frau als auch im Bericht über die der verdorrten Hand und über die eines wassersüchtigen Mannes am Sabbat (Lukas 14,1-6) sind die Anwesenden beschämt, schweigen und wissen keine Antwort. Jesus hat den Kern der Sache getroffen: Uns sollte das Wohl der Mitmenschen nicht gleichgültig sein, erst recht nicht am Sabbat, dem Tag des Herrn. Damit können wir ihn vielmehr groß machen. Und im Gegensatz zu den anderen hier erwähnten Erzählungen heißt es in der Erzählung über die gekrümmte Frau: „Und als er das sagte, schämten sich alle, die gegen ihn waren. Und alles Volk freute sich über alle herrlichen Taten, die durch ihn geschahen.“ Durch dieses Lob wird letztlich Gott verherrlicht.