Impuls

Lasst euch herausfordern

Impuls für den 2. Sonntag nach Epiphanias: Römer 12,9-16

Römer 12,9-16 (in Auszügen) 

Die Liebe sei ohne Falsch. Hasst das Böse, hängt dem Guten an. Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem anderen mit Ehrerbietung zuvor. Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet. Nehmt euch der Nöte der Heiligen an. Übt Gastfreundschaft. Segnet, die euch verfolgen. Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden. Seid eines Sinnes untereinander. Haltet euch nicht selbst für klug.

Frank Bendler
privat
Frank Bendler ist Pfarrer der Auferstehungs­kirchen­gemeinde in ­Heidenheim.

Diese Zeilen aus dem 12. Kapitel des Römerbriefs hören sich an wie eine christliche To-do-Liste, bei der ich schon nach der Hälfte nicht mehr weiterlesen möchte. Zu perfekt klingt das Geforderte: herzliche brüderliche Liebe üben, brennend im Geist sein, fröhlich Hoffnung verbreiten, segnen und nicht verfluchen. Und das soll unablässig so sein. Ja nicht träge werden. Geduld! Beharrlichkeit! Ich weiß nicht, ob ich das kann und ob ich das muss, so zu leben. Mir ist das zu dick aufgetragen.

Dagegen finde ich beim zweiten Lesen aber auch Stellen, die mich ansprechen. Nehmt euch der Nöte der Heiligen an, übt Gastfreundschaft, sind solche Beispiele. Der Heidenheimer Bezirk pflegt eine Partnerschaft mit Bali in Kamerun. Filmberichte zeigen eine große Herzlichkeit und Zuvorkommenheit, den Besuch aus Deutschland bei sich aufzunehmen. Voller Freude werden die Gäste beehrt. Man hat wirklich den Eindruck, dass man den Nächsten mehr wert sein lässt als sich selbst. Wie gut würde es uns anstehen, ebenso zu handeln.

Auch die Aufforderung, eines Sinnes untereinander zu sein, klingt ungewohnt und dann doch wie ein Ansporn. Wer hat es nicht satt, das Gezänk von (vorwiegend eben doch männlichen) Volksvertretern und das Aufwiegeln durch radikale Parolen. Geringschätzung des anderen kennt man selbst in christlichen Bereichen. Der Ruf, mehr Einigendes als Trennendes zu suchen, scheint mir sehr angebracht. Hier hilft mir Paulus.

Und dann das überaus strapazierte: Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden. Zeigt sich nicht einfach eine ganze Gefühlsbreite zwischen diesen Polen? Ist nicht hochgestimmter Lobpreis mit der Sorge um die Schwächsten verbunden? Gehören nicht Gottesdienst und Diakonie zusammen? Gerade in der Vielfalt kann sich Christsein erneut beweisen.

Es ist gar nicht so, dass man sich an den Worten der Bibel so wie hier in diesem Paulusbrief nicht auch einmal stoßen und reiben soll. Dass es einem zu platt vorkommt, das Gute zu lieben und das Böse zu hassen. Dass die vorgeschriebene Fröhlichkeit und Liebe nicht überspringen. Aber es muss auch keine Überforderung daraus abgeleitet werden.

Wir haben uns mit Martin Luther wohl zu oft gesagt, es reicht doch, nur Glauben zu haben, und alles andere kommt daraus von allein. Darum können wir uns einen Handlungskatalog wie den von Paulus sparen. Aber es stimmt vielleicht nicht. Konkrete Beispiele sind immer greifbarer, als nur eine allgemeine Haltung zu vertreten. Es hat im Weiteren aber auch seine Richtigkeit, diese Briefstelle in der Epiphanias-Zeit zu hören. In Christus scheint eine neue Zeit auf. In seinem Licht sehen wir die Dinge anders, klarer. Gnade und Wahrheit werden in Christus offenbar. So wie von Paulus geschildert, sollte es fortan in den Gemeinden zugehen. Weil Christus geboren ist, können wir in Ehrerbietung miteinander umgehen. Sein Kommen in die Welt relativiert unser Handeln. Wir müssen uns nicht mehr in Klugheit hervortun. Und mutig und geduldig zu sein ist kein Widerspruch mehr, weil Christus vor uns aufstrahlt.

Gebet

Herr Jesus Christus, Du bist in die Welt gekommen. Unsere Anspannung löst sich auf in Gelassenheit. Unsere Skepsis wandelt sich in neues Vertrauen. Zurückgehaltene Liebe wird wieder sichtbar. Noch glauben wir nicht, dass es möglich ist. Doch deine Kraft soll immer stärker in uns werden. Amen.

Den geistlichen Impuls für jeden Tag finden Sie im AndachtsCast.

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