Was ist mir heilig? Was mir heilig ist, kann für dich banal, unsinnig, lächerlich sein. Bestimmt die heilige christliche Kirche, was heilig zu sein hat? Ich habe zu Coronazeiten jede Woche in den digitalen Medien eine Frage gestellt und die Antworten dann anonym veröffentlicht, um miteinander im Gespräch zu bleiben: Was lässt dich mutig werden? Warum betest du? Wie gehst du mit deinen Ängsten um? Was hält oder macht Leib und Seele gesund? Was ist die wichtigste Frage im Leben? Wer ist Gott für dich? Was tust du für Frieden in der Welt? Und auch die Frage: Was ist dir heilig?
Wenn man sich die Videos „Was die Leute so denken und glauben“ (www.evkirche-erlenbach.de/was-die-leute-so-denken-und-glauben) anschaut, wird man neugierig, kommt ins Grübeln, blickt in die Seele und das Gemüt eines anderen. Jede Antwort ist ein ehrliches Bekenntnis. Nicht „entweder – oder“, sondern „sowohl als auch“. Hören. Hinhören. Sich mitnehmen lassen in den Glauben eines anderen Menschen.
Das Internet wird tagtäglich bewusst und gewollt mit Millionen Aufregern und Beleidigungen geflutet, um die Leute mit Lügen, Halb- und Scheinwahrheiten zu spalten, zu schwächen und gegeneinander aufzuhetzen nach der Devise: Die gegen uns. Wir gegen sie.
Stattdessen und dagegen: Mehr Dialog bitte! Stell dir vor, fünf Personen – eine Industriearbeiterin, eine Influencerin, ein Arbeitssuchender, ein Investmentbanker und eine Bischöfin – würden einen Abend lang an einem Tisch sitzen und sich austauschen anhand von fünf Fragen: Wie geht’s dir? Was machst und arbeitest du und warum? Was ist dir im Leben wichtig und heilig? Was bereitet dir Sorgen? Was erfreut dich?
Die fünf würden eingeladen und zusammenkommen unter folgenden biblischen Leitworten: Die Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden. Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch herunter zu den geringen. Haltet euch nicht selbst für klug. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden (Römer 12).
Diese Worte zur Einstimmung für die Fünfer-Runde, in der nichts sein muss, aber alles sein darf. Auf dem Tisch Brot und Wein und die genannten fünf Fragen. Was würde an diesem Abend geschehen? Mit welchen Erkenntnissen, Eindrücken, Gefühlen würden die fünf nach dem Gespräch wieder auseinandergehen, sich vielleicht nie mehr begegnen und doch immer wieder aneinander denken?
Solche Gesprächs- und Begegnungsrunden: Spinnerei oder in diesen Zeiten notwendig, um wieder in der Gesellschaft als Gemeinwesen näher zusammenkommen, um Verständnis füreinander aufzubringen? Mehr Dialog bitte!
Kürzlich luden der katholische Kollege und ich in eine urige Gastwirtschaft im Ort ein zum „Stammtisch mit Walter und Jürgen: Hock di no! Wie goht’s? Was mach’sch?“ (Foto). Es ging nicht um richtig oder falsch – und es wurde heiter, vergnüglich und unterhaltsam. Die Kirche nennt’s: erbaulich.