Impuls

Sehnsucht nach Frieden

Impuls für den drittletzten Sonntag des Kirchenjahres: Micha 4,1-5.

Micha 4,1-5 (in Auszügen) 

Er wird unter vielen Völkern richten und mächtige Nationen zurechtweisen in fernen Landen. Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. Ein jeder wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen, und niemand wird sie schrecken. Denn der Mund des Herrn Zebaoth hat’s geredet.

Christof Messerschmidt
privat
Christof Messerschmidt ist Dekan in Schwäbisch Hall.

Gerne wäre ich dabei gewesen. Damals in Wittenberg 1983. Als Jugendlicher hätte ich mich – hoffentlich – aufgemacht zum Kirchentag nach Wittenberg. Zusammen mit 2000 anderen hätte ich zugeschaut, wie der Schmied Stefan Nau das Eisen schmiedet. Wie er den Hammer schwingt, ihm der Schweiß auf die Stirn tritt, die Kohlen glühen und der Hammer im Rhythmus mal auf den Amboss und mal auf das Eisen fällt. Ich hätte beobachtet, wie nach und nach aus dem Schwert eine Pflugschar wird. Ich wäre da gestanden mit vielen anderen Jugendlichen, die die Worte „Schwerter zu Pflugscharen“ auf ihren Jeansjacken neben anderen Stickern befestigt haben und die so ihre Sehnsucht nach Frieden inmitten des Kalten Kriegs zum Ausdruck gebracht haben.

Gerne wäre ich dabei gewesen. Weil mich die Aktion begeistert. Da macht einer, was in der alten Verheißung des Micha steht. Er wartet nicht. Er packt an: das Schwert, schürt die Glut, hält das Eisen rein und aus der Waffe wird eine Pflugschar. Aus dem Werkzeug zum Töten wird ein Werkzeug, das Leben erhält, weil es für Nahrung sorgt.

1983 habe ich als Jugendlicher von der Aktion gehört. Dabei sein war aufgrund der Mauer eher schwierig. Aber ich war berührt, weil der Friede damals in Europa, in der Welt bedroht war. Die Diskussion um Pershing-II-Raketen und vieles mehr bestimmte den Alltag.

2024 ist der Friede in Europa nicht mehr in allen Ländern da. In der Welt schon gleich gar nicht. Wie höre ich da die Verheißung aus dem Buche Micha? Winke ich resigniert ab, weil die Hoffnung auf Frieden naiv ist, solange es Menschen gibt? Weil der Mensch dem Menschen ein Wolf ist? Schlage ich die Bibel zu und stelle sie in den Schrank, weil sie von Frieden redet, und siehe: Es ist kein Frieden? Weil sie mir eine Hoffnung vorgaukelt, die allem, was offensichtlich ist, widerspricht? Ermüdet vom Blick in die Welt?

Ich versuche stattdessen, in die alte Hoffnung hineinzuspringen und einzutauchen und mich von ihr erfrischen zu lassen. Weil ich mich danach sehne, dass die Verheißung sich erfüllt. Ein für alle Mal. Dass kein Kind mehr Angst vor der Nacht haben muss, weil es nicht weiß, was die Nacht und der Morgen bringen. Dass endlich Menschen sich die Hände reichen und die Gräben zuschütten, die sie trennen. Dass sie endlich einander als Gegenüber erkennen, die sich brauchen, um auf der Welt zu bestehen.

Ich hoffe und sehne mich danach, dass es endlich so weit ist. Auch wenn es die letzte Zeit ist, wie Micha sagt. Ich hoffe und sehne mich danach, dass die Menschen dem Beispiel des Schmieds Stefan Nau folgen: Da, wo sie können, fangen sie an, aus Schwertern Pflugscharen zu machen. Schritt für Schritt. Nach und nach. Da, wo ich kann, fange ich an. Damit es Friede wird in unserer Welt.

Gebet

Gott des Lebens, der Blick in die Welt macht mich müde. Ich sehne mich nach Frieden. Nach einem Ende aller Gewalt. Danach, dass Menschen zusammen tanzen, feiern, genießen. Hilf, das Vertrauen in deine Verheißung zu bewahren. Lass mich meinen Beitrag leisten, wo ich kann. Komm in unsere Welt mit deinem Geist des Friedens. Amen.

Den geistlichen Impuls für jeden Tag finden Sie im AndachtsCast.

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