Impuls

Vom Lebensatem Gottes

Impuls für den Pfingstsonntag: Hesekiel 37,1-14

Hesekiel 37,1-14 (in Auszügen) 

Des Herrn Hand kam über mich, und er führte mich hinaus und stellte mich mitten auf ein weites Feld; das lag voller Totengebeine. Und er sprach zu mir: Weissage über diese Gebeine und sprich zu ihnen: Ihr verdorrten Gebeine, höret des Herrn Wort! Siehe, ich will Odem in euch bringen, dass ihr wieder lebendig werdet. So spricht Gott der Herr: Odem, komm herzu von den vier Winden und blase diese Getöteten an, dass sie wieder lebendig werden! Da kam der Odem in sie, und sie wurden wieder lebendig und stellten sich auf ihre Füße, ein überaus großes Heer. Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, diese Gebeine sind das ganze Haus Israel. Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und es ist aus mit uns. Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der Herr: Siehe, ich will eure Gräber auftun und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf und bringe euch ins Land Israels. Und ich will meinen Odem in euch geben, dass ihr wieder leben sollt.

Markus Schoch
Foto: Oliver Hoesch
Markus Schoch leitet die ­Prälatur ­Reutlingen

Der Prophet wird auf ein weites Feld geführt. Was er sehen muss, ist verstörend: ein Feld voller Totengebeine. Was ist passiert? Vor unserem Auge erscheinen schreckliche Bilder unserer Tage: die Schlachtfelder von Srebrenica, die Straßen von Butscha, die ermordeten Jugendlichen auf einem Musikfestival in Israel, die zerbombten Städte in Gaza. Totenfelder der Verwüstung, des Grauens und Schreckens. Wie soll hier jemals wieder menschliches Leben möglich sein, Verständigung und Versöhnung? Ein weites Feld voller verdorrter Gebeine, erstorbener Hoffnung, zerstörter Träume. Vielleicht auch in meinem eigenen Leben.

Doch dann soll der Prophet im Namen Gottes weissagen: Gottes Odem wird kommen und wird den toten Gebeinen neues Leben einhauchen. Der Odem Gottes, sein Lebensatem, den er ganz am Anfang in der ersten Schöpfung dem Menschen einhauchte und ihn erst dadurch zu einem lebendigen Wesen machte. Gottes Geistkraft, die am Pfingstfest über die Jünger gekommen ist und aus einem verängstigten Haufen eine begeisterte Schar machte, die mutig und trotzig den Gott bezeugt, der aus dem Tod ins Leben ruft. Der lebendige Atem Gottes, der aus den Menschen, die seit dem vermessenen Turmbau zu Babel in alle Welt verstreut waren und deren Sprache verwirrt wurde, wieder zu einer neuen Gemeinschaft zusammenruft. Eine Gemeinschaft, die die Herkunft und das Individuum nicht aufhebt und nicht übergeht. Die nicht auslöscht, was gewesen ist, was uns geprägt und geformt hat. Die aber ein neues, lebendiges Miteinander schafft, Verständigung und Verständnis über alles Trennende hinweg.

Gottes Odem, sein Geist, den wir nicht berechnen und einfangen können, sondern der aus allen vier Himmelsrichtungen weht, wann und wo er will. An Orten, die wir nicht erwarten, und zu Zeiten, an denen wir nicht damit rechnen. Über alle Totenfelder, verdorrte Gebeine und hoffnungslose Fälle hinweg.

Das ist das Pfingstfest. Gottes Hauch bewegt das Totenfeld. Gott schafft noch einmal neu. Er ruft die toten Gebeine aus den Gräbern, dass sie wieder lebendig werden. Dort, wo Terror und Tod herrschen, wird neues Leben möglich. Dort, wo Menschen in Egoismus und Streit verharren, soll ein neues Miteinander wachsen. Gottes Geistkraft ruft uns zusammen als seine Kirche, dass wir mit Worten und mit Taten Zeugnis geben von dieser Hoffnung. Mitten in dieser Welt, auf diesem weiten Feld, in meinem Leben, das Gott neu mit Leben füllen will.

Gebet

Gott, sende deinen Lebensatem, dass wir auferstehen aus den Gräbern der ­Hoffnungslosigkeit. Sende deine Geistkraft,
dass wir Feindschaft überwinden. Sende aus deinen Odem, der Leben schafft und verheißt. Mache uns und deine Kirche zu einem lebendigen Zeichen der Hoffnung in dieser Welt. Amen.

Den geistlichen Impuls für jeden Tag finden Sie im AndachtsCast.

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