Impuls

Was bestimmt mein Handeln?

Impuls für den 21. Sonntag nach Trinitatis: Matthäus 5,38-48.

Matthäus 5,38-48 (in Auszügen)

Ihr habt gehört, dass gesagt ist: „Auge um Auge, Zahn um Zahn.“ Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Bösen, sondern: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar. Und wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel. Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden? Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.

Friederike Wagner
privat
Friederike Wagner ist Dekanin in Crailsheim.

Wie gehen wir damit um, wenn Menschen unser Vertrauen missbrauchen? Wie gehen wir damit um, wenn Menschen uns nichts Gutes erweisen, obwohl wir in sie investiert haben? Wie gehe ich als Lehrer damit um, wenn Schüler mutwillig den Unterricht stören und mir das Leben schwermachen? Das christliche Leben ist eines, das Vollkommenheit zum Ziel hat. Sicher werden wir das nie erreichen, aber das Vorbild Gottes steht. Die Feindesliebe ist der Inbegriff und die Königsdisziplin der von Gott geforderten Gerechtigkeit und Vollkommenheit.

Matthäus hält das, was er in der Bergpredigt an Aussagen Jesu zusammengestellt hat, für machbar. Luther dagegen sah durchaus, dass selbst der Christ nicht immer auch die andere Backe hinhalten kann, sondern dass manchmal geltendes Recht durchgesetzt werden muss. Wobei „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ ja schon weniger ist, als wenn wir die Fäuste ballen und beschließen, es dem anderen doppelt und dreifach heimzuzahlen.

Aber wir kennen durchaus, dass wir oft genug nicht willens sind, es gut sein zu lassen, sondern uns gerne immer wieder in Erinnerung rufen, wie böse oder unmöglich jemand anderes ist. Doch letztlich geht es sehr radikal um die Frage, ob wir uns auf die Seite Jesu stellen wollen oder nicht.

Was genau legt Jesus uns als Handlungsoption nahe? Dass wir nicht blind reagieren, sondern dass wir aus der Freiheit heraus, die er uns gibt, andere Möglichkeiten haben, zu handeln. Wir sollen dem Bösen nicht mit gleichen Mitteln Widerstand leisten, sondern kreativ sein, mutig und vorausschauend. Es geht darum, nicht in die Opferrolle zu schlüpfen, sondern handlungsfähig zu bleiben.Ich habe erlebt, wie hilflos ein Junge wurde, der einem Mädchen die Mütze vom Kopf gerissen hat. Denn als er sie zurückgeben wollte, antwortete das Mädchen, er könne die Mütze gerne behalten, wenn er sie brauche. Sie habe noch eine andere.

Die Frage ist doch, wer oder was mein Handeln bestimmt. Wenn ich Gleiches mit Gleichem vergelte, bestimmt der, der mir Böses tut, mein Handeln. Das kann nicht unsere Option sein, weil Gott auch nicht so handelt. Gottes Vollkommenheit besteht darin, dass er seine Sonne aufgehen lässt über Böse und Gute und es regnen lässt über Gerechte und Ungerechte. Gott lässt sich sein Handeln nicht vom Bösen aufzwingen.

Also kein „Wie du mir, so ich dir“, sondern ein „Wie Gott mir, so ich dir“. Wir wollen nicht den Bösen gleich werden, sondern Gott. Wenn wir nur die grüßen, die uns wohlgesonnen sind, was tun wir Besonderes? Wenn wir nur denen die Tür aufhalten, bei denen wir Eindruck schinden wollen, was tun wir Besonderes?

Vielleicht mag ich jemanden nicht. Aber es gibt die Hoffnung, dass Feindschaft überwindbar ist. Dass ich die Versöhnung von morgen ernster nehme als die Differenz von heute. Das ist keine Scheinheiligkeit, sondern Ausdruck von Hoffnung. Wir verzichten darauf, denen zu ähneln, die Gewalt ausüben, und streben danach, Gott ähnlicher zu werden. 

Gebet

Allmächtiger und gütiger Gott, gib mir Freiheit, Mut und Kreativität. Gib mir von deinem Geist, dass ich dem Bösen, das mir begegnet, gut entgegentreten kann. Lass mich nicht resignieren. Amen.

Den geistlichen Impuls für jeden Tag finden Sie im AndachtsCast.

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