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Impuls

Weisheit im Spiel

Impuls für den Sonntag Jubilate: Sprüche 8,22-36.

Sprüche 8,22-36

Der Herr hat mich schon gehabt im Anfang seiner Wege, ehe er etwas schuf, von Anbeginn her. Als er die Grundfesten der Erde legte, da war ich beständig bei ihm; ich war seine Lust täglich und spielte vor ihm allezeit; ich spielte auf seinem Erdkreis und hatte meine Lust an den Menschenkindern.

Yasna Crüsemann
privat
Yasna Crüsemann ist Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Oberes Filstal, im Dekanat Geislingen-Göppingen, und Landes­synodale.

Lebhaft diskutieren die Viertklässler über den Anfang der Welt: „Am Anfang gab es einen Urknall!“ „Ein Meteorit hat eingeschlagen!“ „Nein, es war eine Gasexplosion!“ Eine Schülerin schüttelt den Kopf: „Ich finde das alles nicht schön. Ich finde es schöner, wenn Gott die Welt erschaffen hat.“

Einen „schönen“ Anfang finden wir im Buch der Sprüche. Er erzählt davon, dass von Anfang an Weisheit im Spiel ist. Hier spricht sie und stellt sich vor: Gestatten, Frau Weisheit! Die Weisheit ist Gottes erstes Werk. Hier erscheint sie als Person, als Frau, als Gottes Gefährtin. Frau Weisheit spricht nicht nur: Sie spielt, tanzt, erschafft, freut sich, jubelt. Sie ist fröhlich am Werk: als Handwerkerin, Architektin, Baumeisterin, Gottes Liebling. Die Weisheit spielt vor Gott. Aus ihrem schöpferischen Spiel entstehen Urmeere und Berge, Quellen und Wolken des Himmels. Ein schöner Anfang: verspielt, kreativ und fantasievoll. Frau Weisheit hat sogar ihre Freude an den Menschenkindern!

Gott bleibt nicht allein, sondern sucht „von Ur an“ Geselligkeit, wie Kurt Marti dichtet: „Gott in Geselligkeit, Gott mit Sophia, der Frau, der Weisheit; geboren, noch ehe alles begann“. Von Anfang also ist Beziehung und Spiel in der Welt.

Ein guter Anfang ist wichtig für alles, was neu entsteht: ob für ein Kind, eine Liebe, eine Arbeit oder die Welt. Ein guter Anfang trägt. Die Erinnerung an den guten Anfang trägt auch durch schwierige Zeiten hindurch.

Gerade wenn sich Torheit in der Welt breit macht und es vielerorts an Weisheit zu mangeln scheint, tut es gut, sich erinnern zu lassen, dass von Anfang an Weisheit im Spiel war und dass in der Welt Raum ist für ihr Spiel, ihre Möglichkeiten, für Fantasie, Hoffnung und Zukunft. Die Welt ist voller Wunder der verspielten Weisheit – aller menschlichen Torheit, aller Brüche, aller zerstörerischen Kräfte zum Trotz.

Wir finden ihre Spuren im Gleitflug eines Schwalbenschwanzes, in den goldgrün leuchtenden Schuppen des Leguans, in der Geometrie der Farne, im ins Spiel versunkene Kind, das sich aus Sand eine Welt baut. Naturwissenschaftliche Erkenntnis und Staunen, Urknall und Spiel schließen sich dabei nicht aus. Sie ergänzen sich.

Die Weisheit spielt nicht nur. Sie fordert auch. Sie fordert auf, sie zu suchen, sie zu hören, ihr zu folgen. Gott zu achten und zu ehren, ist der Anfang der Weisheit. Weisheit ist die Fähigkeit, auf Gott zu hören und seinen Weisungen zu folgen. Weisheit ist dabei eng mit der Fähigkeit zu gerechtem Handeln verbunden. Wer Weisheit sucht, findet Leben, heißt es. Sicher, die Bibel weiß auch: Weises Handeln führt nicht immer zum Erfolg. Nicht nur Hiob erfährt: Auch der Weise und Gerechte leidet. Wer weise handelt, dem ergeht es nicht zwangsläufig gut.

Für Paulus ist Christus die Weisheit in Person, eine Weisheit, die Leiden und Kreuz einschließt und für andere eine Torheit ist. In Christus laufen die Fäden der Weisheit zusammen. Wir sind zwischen Ostern und Pfingsten, zwischen Auferstehung und Geistausgießung, zwischen Neuschöpfung und Erwartung des Geistes. Die Weisheit bleibt im Spiel, auch weiterhin. Das ist Grund zur Hoffnung und zur Freude: Jubilate – jubelt!

Gebet

Gott, Quelle aller Weisheit, öffne unser Herz für ihre Stimme, damit wir klug handeln, gerecht entscheiden und dem Leben dienen. Öffne unsere Augen für die Wunder deiner Weisheit. Lass sie tanzen und spielen auf Erden und in uns, damit wir Leben finden in ihr. Amen.

Den geistlichen Impuls für jeden Tag finden Sie im AndachtsCast.

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