Prälatur ULM

Einsatz in windiger Höhe

ULM – Seit neun Monaten verwandelt FSJler Jannis Wilmsmeier große Steinquader in filigrane Bauteile des Ulmer Münsters – auch in 40 Meter Höhe. Von Isabella Hafner

Junger Mann sitzt gesichert auf einem Gerüst auf dem Turm des Ulmer Münsters Ulm
privat/Jannis Wilmsmeier
Jannis in 40 Meter Höhe, oben auf dem Turm des Ulmer Münsters

Die Sonnenaufgänge sind megacool da oben. Und die Alpen zu sehen – das genieße ich sehr!

Jannis Wilmsmeier über seinem Arbeitsplatz über den Dächern von Ulm.

Der 19-jährige Jannis Wilmsmeier aus Bad Oeynhausen in Ostwestfalen bearbeitet gerade am Fuße des 161,5 Meter hohen Kirchturms, in der Münsterbauhütte, einen Sockel aus Sandstein. Er tastet sich mit seinem Werkzeug an Rundungen heran. Hochkonzentriert, denn ein Ausrutscher hat immer gleich größere Folgen. Was weg ist, ist weg. Es kann nichts einfach wieder an den Stein hingeklebt werden. Das ist das Gute bei einem harten Stein, sagt er: „Da bleibt die Kante sauber stehen. Je weicher der Stein, desto eher bricht sie.“

Junger Mann rundet einen Naturstein ab.
Foto: Isabella Hafner
Die Arbeit am Stein braucht viel Konzentration

Arbeit in der Münsterbauhütte ist körperlich anstrengend

Doch nicht nur Konzentration ist gefragt bei dem Denkmalpflege-FSJ. Auch körperliches Standvermögen. Als Jannis Wilmsmeier im Winter mehr als 300 Stunden lang, teils im Stehen, teils auf einem einbeinigen Schemel seinen Steinquader bearbeitete, spürte er abends seinen Körper. Doch kein Thema für ihn. Gerade haben die letzten drei Monate seines FSJ begonnen. Und er möchte von den Steinmetzen so viel mitnehmen, wie nur geht.

Die Zeit geht so schnell rum, ich versuche jetzt den Rest noch zu genießen!

sagt Jannis Wilmsmeier

FSJ in der Denkmalpflege ist vielfältig

Für ihn sei das FSJ in der Denkmalpflege nach wie vor die richtige Entscheidung. „Unglaublich, was ich schon für Leute getroffen habe, was ich gelernt habe und wie vielfältig meine Aufgaben sind.“ Nach dem Abi wusste Jannis Wilmsmeier nicht, wie es für ihn weitergehen sollte. Er sei in einem Denkmal aufgewachsen, in einem alten Fachwerkhaus. Daher das Faible für alte Gemäuer. Und der Hinweis eines Freundes für das spezielle FSJ.

Den Elementen ausgesetzt beim FSJ am Ulmer Münster

Die Münsterbauhütte in Ulm
Foto: Isabella Hafner
Die Münsterbauhütte ist direkt am Ulmer Münster.

Von Dezember bis Ostern ist „Wintersaison“ bei der Münsterbauhütte. Da wird unten in der „Hütte“ gearbeitet. Den Rest der Zeit geht’s raus aufs Gerüst. In 40 Meter Höhe. Schwindelfrei ist Jannis Wilmsmeier.

Doch nicht jeden Tag strahlt die Sonne, wie heute, bei 23 Grad vom blauen Himmel. „Manchmal kommt man durchgefroren runter und freut sich auf die Pause im Warmen. Besonders bei Nieselregen muss ich mich etwas mehr motivieren, aber ansonsten macht es viel Spaß.“ 39 Stunden arbeitet der 19-Jährige pro Woche. 470 Euro Taschengeld gibt es. Eine Wohnung muss er sich selbst suchen. Er findet es schade, dass die Freiwilligen nicht mehr Geld bekommen. Denn ohne den finanziellen Zuschuss seiner Eltern würde er seinen Alltag nicht bestreiten können.

Mitbauen am Ulmer Münster fasziniert

22 Jugendliche absolvieren derzeit ein FSJ bei einer sogenannten Jugendbauhütte in Baden-Württemberg. Sie arbeiten beispielsweise am Freiburger oder Schwäbisch Gmünder Münster. Jannis Wilmsmeier freut sich, dass es bei ihm mit dem Einsatzort Ulmer Münster geklappt hat. „Weil sich das hier noch immer an den mittelalterlichen Münsterbauhütten orientiert, wo der Auszubildende direkt vom Meister lernt."

Ich habe jetzt mitgewirkt, dieses fast 700 Jahre alte Gebäude zu erhalten! Auf dass es noch mehrere Hundert Jahre steht. Faszinierend.

sagt Jannis Wilmsmeier

Steinmetz will Jannis Wilmsmeier trotzdem nicht werden. Er hat sich nämlich bei einem seiner Seminare verliebt. In Holz. In Aachen studiert er ab Herbst Holzingenieurwesen.

Steinmetz Emil Kräss bei der Bearbeitung von Naturstein
Foto: Isabella Hafner
Emil Kräss (links) arbeitet schon 38 Jahre lang als Steinmetz.

Den gesamten Artikel lesen Sie im Evangelischen Gemeindeblatt für Württemberg in der Ausgabe 27/2024. Hier geht es zum e-Paper.

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